Warum Sie Abschied nehmen sollten
Noch vor wenigen Jahrzehnten war das Abschiednehmen, häufig auch am offenen Sarg, ein fester Bestandteil der Trauerkultur. Familie, Freunde und Bekannte kamen zusammen, um sich gemeinschaftlich im Rahmen einer Trauerfeier von einem Verstorbenen zu verabschieden.
Heutzutage ist der Gedanke an eine Bestattung – auch ohne eine offene Aufbahrung – für viele Menschen eher befremdlich. Steht eine Beerdigung im Verwandten- oder Bekanntenkreis an, stellt sich schnell die Frage, ob man überhaupt daran teilnehmen sollte. Hält man sich nicht besser zurück und lässt den engeren Familienkreis einfach in Ruhe?
Gute Gründe FÜR eine Abschiednahme:
Rituale geben Halt & Orientierung
Ob nun eine kirchliche Trauerfeier oder eine weltliche Zeremonie in den Räumlichkeiten eines Bestatters – die Bestattung, geführt durch den Bestatter, Pfarrer oder Trauerredner, wird Ihnen helfen, des Verstorbenen bewusst zu gedenken und Ihre Erinnerungen an ihn noch einmal Revue passieren zu lassen. Dies ist ein extrem wichtiges Ritual für den Prozess der Trauerverarbeitung.
Denn Bestatter, Trauerbegleiter, Psychologen und Co. wissen es schon längst: Menschen wollen und müssen mit ihren Sinnen be-greifen, um emotionale Erlebnisse verarbeiten zu können. Die Abschiednahme, eingebettet in einen feierlichen Rahmen, ist dafür eine gute Voraussetzung. Es wird Sie dabei unterstützen, den Tod als Realität zu begreifen und sich zu vergewissern, dass genau dieser eine Mensch wirklich gestorben ist.
Gemeinschaft verbindet & spendet Trost
Geben Sie sich einen Ruck und nehmen ruhig an einer Bestattung teil, wenn Sie eingeladen werden und Zeit haben. Nehmen Sie jemand Vertrautes mit. Es tut gut, den Weg des Abschieds nicht allein zu gehen. Zeigen Sie durch Ihre Präsenz auch den Angehörigen, dass Sie anteilnehmen. Die Lücke, die der Verstorbene hinterlässt, ist mit dem gemeinschaftlichen Gefühl der Anteilnahme nicht zu schließen – aber besser auszuhalten.
Auch wenn es Ihnen im ersten Moment seltsam erscheint und Sie den Verstorbenen nicht so gut gekannt haben: Die Wahrscheinlichkeit groß, dass es auch für Sie tröstlich ist, einen Teil Ihrer Gefühle und Gedanken in den anderen Trauergästen wiederzuerkennen.
Bleiben Sie bei sich und lassen Sie zu
Nehmen Sie den Ablauf einer Trauerfeierlichkeit nicht allzu ernst – ganz besonders dann nicht, wenn er Ihnen befremdlich vorkommt. Alles, was Ihnen unstimmig oder aufgesetzt erscheint, lassen Sie am besten an sich vorbeiziehen.
Machen sie sich viel eher bewusst, für wen Sie hier sind: für den Verstorbenen und die trauernden Verwandten und Freunde. Auch wenn Sie nur eine kurze Gelegenheit haben, mit ihnen zu sprechen – man wird Sie wahrnehmen. Verlassen Sie sich darauf.
Zeigen Sie sich, seien Sie da!
Der Tod eines Menschen ist immer eine besondere Situation. Es ist ein einschneidendes Erlebnis für die Hinterbliebenen. Trauen Sie sich gerade deshalb der trauernden Familie ein paar anteilnehmende Worte zuzusprechen – selbst wenn Sie unsicher sind. Schreiben Sie beispielsweise auch einen Trauerbrief, versenden Sie eine Beileidskarte oder zünden Sie gegebenenfalls eine Kerze auf einer Online-Gedenkseite an.
Gehen Sie zur Bestattung. Nehmen Sie an den angebotenen Trauerritualen teil. Wenn Sie eingeladen sind, besuchen Sie das Beisammensein im Trauerkaffee bei Kuchen oder belegten Broten. Nehmen Sie wahr, was geschieht. Seien Sie einfach da und zeigen Sie sich!
Autorin:
Stephanie Tamm
Bild:
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